Schreibkick #26: Asche

Sternenklare Nacht Teil 2

Karlson durchbrach die Wolkendecke. Das Schweben durch den rosa Nebel war seltsam gewesen. Nur die Instrumente hatten ihm verraten, dass er nicht direkt auf einen Felsen zusteuerte, sondern noch einige Kilometer über dem Erdboden flog.


Jetzt erstreckte sich ein türkises Meer unter ihm, das von Landmassen gesäumt war, welche jenen des Planetensystems Dryagon sehr ähnlich waren. Sandstrände, Klippen und dahinter grünes Land, Felsen, Wüsten. Doch am Horizont entdeckte er etwas Ungewöhnliches. In einem Bergmassiv befanden sich rosa Schemen. Karlson schaltete die Steuerung seines Raumschiffes auf manuell um und steuerte auf die rosa Flecken zu. Als er näher kam, erkannte er, dass es sich um riesige Kreise handelte, die drei Bergspitzen umrundeten. Die Masse befand sich an den Hängen und dem flachen Gebiet darunter. Wenn ihn nicht alles täuschte, handelte es sich bei den Bergspitzen um Vulkane. Allerdings kannte er sich mit diesen Dingen nicht so gut aus.


Karlson beschloss, in der Nähe der Gipfel zu landen, und hielt nach einem geeigneten Plateau Ausschau. Vorsichtig senkte er sein Schiff an einer passenden Stelle auf den Erdboden herab. Der Blick auf die Instrumente verriet ihm, dass die Atmosphäre für ihn ungefährlich war. Theoretisch könnte er dort draußen atmen.  Sicherheitshalber schraubte er trotzdem den Helm auf seinen Raumanzug. Dann öffnete er die Schleuse und betrat den fremden Planeten.


Der Anzug zeigte ihm eine angenehme Temperatur von 22°C, die Schwerkraft war normal, er konnte sich einigermaßen bequem fortbewegen.


Das Naturschauspiel, das ihn umgab, war atemberaubend. Spitze Gipfel reckten sich den rosa Wolken entgegen, die von hier unten gesehen um einiges dunkler wirkten. Einige nahmen sogar einen lila Schimmer an. Wie graue Gewitterwolken vor weißen Wolken. Das Plateau, auf welchem er sich befand, war unglaublich weitläufig. Der rosa Streifen bedeckte ungefähr die Hälfte. Schritt für Schritt ging Karlsson auf die Masse zu. Überwältigt von der rauen Schönheit um sich herum, beschloss er, nach einem erneuten Kontrollblick auf die Instrumente, seinen Helm abzuziehen. Mit einem tiefen Atemzug, sog er die frische Luft ein. Es war herrlich, nach Monaten in einer Metallkapsel, wieder Wind im Gesicht zu spüren und frische Luft zu atmen.


Karlsson erreichte die rosa Fläche nach wenigen Minuten. Vorsichtig beugte er sich hinunter und fuhr mit den Fingern hindurch. Sofort wirbelten kleine Partikel auf. War das Staub? Nein, es waren eher kleine, sehr dünne, papierartige Blättchen. Asche. Vermutlich von den Vulkanen.


„Unglaublich“ er lächelte. Einen Planeten wie diesen zu finden, war immer sein Traum gewesen. Doch dann entdeckte er etwas zwischen der Asche. Etwas rundes. Langsam ging er darauf zu. Die aufwirbelnde Asche drang ihm in die Nase. Dann konnte er erkennen, was es war. Es waren Schädel. Karlson musste lachen. Schädel! Was für eine Ironie, in rosa Puderzucker bei einem Vulkanausbruch zu sterben. Er schüttelte sich vor lachen so sehr, dass ganze Aschewolken um ihn herum aufstoben. Die Berge waren hinter dem Staub kaum noch zu sehen.


„Wenn das nur meine Kollegen sehen könnten“, dachte sich Karlson. Seine Augen tränten bereits vor Lachen und sein Bauch schmerzte. Da sah er auf einmal Silhouetten im Nebel und verstummte. Da. Er konnte sie ganz deutlich sehen.

„Karlson, hey, gut gemacht!“

Als er sich umdrehte, stand Merrek vor ihm, der Leiter der Flugbehörde, der zwar nie an seine Mission geglaubt, ihn aber trotzdem hatte starten lassen. Er trug ein Hawaiihemd und hatte einen Cocktail in der Hand. Er grinste. Auch Karlson musste wieder lachen. „Ich weiß.“ Auch die übrigen Umrisse wurden nach und nach schärfer und er erkannte, dass alle seine Kollegen gekommen waren, die alle an ihm gezweifelt hatten. Aber er hatte es ihnen bewiesen. Es gab andere, bewohnbare Planeten. Und sie waren alle da, um ihn und seine Entdeckung zu feiern. Sie alle standen in Hawaiihemden im rosa Nebel und lachten und klatschten. Auch Karlson lachte und lachte, auch wenn er schon gar nicht mehr wusste, warum. Sein Hals wurde langsam trocken vom Lachen und von der Asche. Eines wusste er ganz sicher: Hier wollte er bleiben, hier wollte er sterben.


The End


:-) So, nachdem sich Nicole ja eine Fortsetzunggeschichte gewünscht hat, ist es auch eine geworden. Aber damit sie nicht ebenso ausartet wie Nili, habe ich vorgesorgt

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Published on March 01, 2016 01:16
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